Ich habe in letzter Zeit darüber nachgedacht, wie absurd es ist, dass ich mich manchmal mehr vor dem Briefträger fürchte als vor meinem Chef. Es ist ein Gefühl, das viele von uns nachvollziehen können: Man erwartet einen Brief, der möglicherweise unangenehme Neuigkeiten enthält, oder einfach nur eine Rechnung, und schon überkommt mich eine Mischung aus Angst und Unruhe.
Diese Furcht ist oft irrational. Ich weiß, dass die Postboten einfach ihren Job machen und freundlich sind, doch ich kann mich nicht von dem Gedanken lösen, dass der Brief, der in meinen Briefkasten landet, mein Leben oder meinen Tagesablauf verändern könnte. Vielleicht ist es eine Mahnung, eine Absage oder sogar eine Rückforderung. Solche Gedanken schwirren mir im Kopf herum, während ich ungeduldig auf den Umschlag warte. Ich stelle mir vor, wie ich die Tür öffne und mit einem bedeutsamen Umschlag konfrontiert werde, der all meine Sorgen heraufbeschwört.
Im Gegensatz dazu ist die Interaktion mit meinem Chef oft weniger belastend. Ja, es gibt natürlich auch Stellen, an denen ich nervös bin, wie bei einem wichtigen Gespräch oder einer Präsentation. Aber in der Regel weiß ich, was auf mich zukommt. Mein Chef ist ein Mensch, der mir Feedback gibt, der meine Arbeit anerkennt und mit dem ich kommunizieren kann. Ich weiß, dass er mich nicht einfach ohne Vorwarnung mit schlechten Nachrichten konfrontieren wird.
Doch wenn der Briefträger vor der Tür steht, fühle ich mich meist völlig hilflos. Ich kann ihn nicht nach dem Inhalt des Briefes fragen. Ist es das, was mich am meisten angreift – die Ungewissheit? Ich muss im Nachhinein darüber nachdenken, warum ich mehr Angst vor dieser unerwarteten Kommunikation habe als vor abschätzenden Empfehlungen oder Kritik von meinem Chef. Es liegt wahrscheinlich daran, dass ich keinen Einfluss darauf habe, was mir im Briefkasten zugestellt wird.
Ein weiterer Aspekt dieser Furcht könnte die Eigenverantwortung sein. Wenn ich zu meinem Chef gehe, trage ich die Verantwortung für die Ergebnisse meiner Arbeit. Ich kann mich selbst einbringen und die Situation aktiv beeinflussen. Bei einem Brief hingegen bin ich stets der passive Empfänger. Von ihm kann ich nichts aktiv gestalten, und das macht mich insgesamt unruhiger.
Also, was kann ich aus dieser Angst lernen? Zunächst einmal muss ich verstehen, dass nicht jeder Brief ein Unheil mit sich bringt. Einige Nachrichten können erfreulich sein oder wichtige Informationen enthalten. Möglicherweise liegt der Schlüssel in der Achtsamkeit: Wenn ich die gleiche Gelassenheit, die ich bei Gesprächen mit meinem Chef betreibe, auch auf den Umgang mit dem Briefverkehr anwenden kann, dann könnte ich meinen Umgang mit dieser Angst verbessern.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ich mir bewusst machen muss, dass die Furcht vor dem Briefträger oft unbegründet ist und dass ich mich weiterentwickeln muss, um diese Ängste zu überwinden. Denn am Ende sind sowohl der Chef als auch der Briefträger nur Teile meines Lebens, und ich habe die Kontrolle darüber, wie ich auf beide reagiere.